Es ist der dritte rechtsterroristische Anschlag in wenigen Monaten. Ich gebe niemandem die Schuld an Anschlägen wie diesen, außer dem Täter selbst. Er ist es, der dieses Blutbad angerichtet, diese Menschen getötet hat. Gleichzeitig glaube ich schon, dass sowas wie Gesellschaft und politisches Klima nicht einfach existieren, sondern wir alle Gesellschaft sind und politisches Klima schaffen. Wir sind Kultur. Wir kultivieren das, was möglich ist. Die Gewalttat in Hanau ist das, als was es Seehofer benennt: Ein rechtsterroristischer Terroranschlag, eindeutig rassistisch motiviert.

Bei der Frage, ob man sich politisch engagiert, welche Positionen man nach außen vertritt und wann man wie spricht und wie handelt, geht es eben nicht um Wählergewinn oder eine Art von Branding für die Partei, für die man sich einsetzt. Es geht immer um die Frage nach würdigem Leben, das allen zustehen muss. Leben, das ohne Gewalt, ohne Hetze, ohne Diskriminierung, ohne Angst und Ungerechtigkeit stattfinden können muss.

Die Taten sind nicht Dönermorde, sie sind nicht Shishaattentate und die Opfer sind auch keine Fremden. Diese Bezeichnungen sind Symptom von dem, was letztlich zur Tötung dieser Menschen geführt hat: Rassismus. Es ist kein Zufall, dass die Opfer nicht Jana, nicht Anna, nicht Isabell, Max und Thomas, Sebastian und Michael heißen. Rassismus ist nicht vorbei, ist kein fucking Joke für all diejenigen, die mit ihm leben, täglich davon erzählen, ohne dass ihnen zugehört wird oder wegen ihm sterben mussten. Wie wir uns gegenüber Rechtsextremismus verhalten hat damit zu tun, wem wir ein würdiges Leben absprechen wollen. Und dass wir uns dem entgegen stellen können, ohne mit Vergleichen nach links und oben und unten zu relativieren, hat damit zu tun, ob wir wirklich Haltung haben oder ob wir lediglich glauben, Worthülsen in den Mund nehmen zu müssen.

Alle sind in Gedenken bei den Opfern, alle sind ein #Niewieder, aber ich kann nicht anders, als das in einigen Fragmenten für geheuchelt zu halten. Ich glaube nicht, dass alle von denen, die jetzt Kerzenbilder und Hashtags posten, tatsächlich verstehen, was Hanau bedeutet. Auch weil einige von ihnen Teil derer sind, die all das, Ausgrenzung, Diskriminierung, Ungleichheiten und sogar Terror verharmlosen und ins Lächerliche ziehen. Ich habe schon vor zwei Wochen relativ viel dazu gesagt, was ich vom Verhalten einiger Vereinigungen und Jugendorganisationen nach Thüringen halte. Und einigen von ihnen würde ich gerne (wieder) sagen: Ich glaube nicht, dass ihr versteht. Weil ihr schweigt. Weil ihr relativiert. Weil ihr sogar löscht und verbietet, was kritisch ist. Wir sind Kultur, wir kultivieren, was möglich ist. Ihr auch.