Superwahljahr 2021: Welche Wahlen in diesem Jahr wichtig sind
Freitag, Februar 05, 2021
Wenn in Polit-Talkshows über das Jahr 2021 gesprochen wird, sind die Themen klar: Corona und die Bundestagswahl. Immer wieder hören wir auch den Begriff „Super-Wahljahr“. Diese Zuschreibung trifft gleich in mehrfacher Hinsicht zu. Uns erwarten im nächsten Jahr ganze sieben Wahlen, die alle auf die eine oder andere Weise Einfluss auf die Bundespolitik haben werden. Auch In dieser Kolumne möchte ich einerseits die harten Fakten anschaulich präsentieren und einordnen, andererseits auf ein paar Hintergründe und Mechanismen von Wahlen und Wahlkämpfen eingehen. Aber zunächst ein kurzer Überblick über das, was uns erwartet und über die jeweiligen Ausgangspositionen:
- 14. März: Landtagswahl in Baden-Württemberg & Landtagswahl in Rheinland-Pfalz
- 06. Juni: Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
- 26. September:
Bundestagswahl
Wahl des Abgeordnetenhauses in Berlin
Landtagswahl in Thüringen
Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern
14. März: Landtagswahl in Baden-Württemberg
14. März: Landtagswahl Rheinland-Pfalz
Umfragen Landtagswahlen Baden-Württemberg und Landtagswahlen Rheinland-Pfalz, Ergebnisse 2016 vs. Sonntagsfrage |
6. Juni: Landtagswahl in Sachsen-Anhalt
Welches sind die aktuell politisch relevantesten Themen? |
26. September: Bundestagswahl
Auf Bundesebene haben wir bekanntermaßen eine „große Koalition“, also eine Koalition bestehend aus CDU/CSU und SPD, die über eine Mehrheit von 88 Sitzen verfügt. Eigentlich würde man erwarten, dass der Abschnitt zu dieser Wahl, die zweifellos die wichtigste in 2021 sein wird, sehr ausführlich ist. Aber dafür sind noch zu viele Dinge offen. Sicher ist, dass besonders die Union in den letzten Monaten in den Umfragen stark zugelegt hat. Die Zufriedenheit mit der Bundesregierung ist seit Beginn der Coronakrise außergewöhnlich hoch. Die SPD scheint bisher noch nicht davon zu profitieren. Es gibt so viele spannende Dinge an dieser Wahl, von denen ich leider nur einige wenige hier nennen kann.
"Mein persönlicher Eindruck ist momentan, dass es für viele nicht die CDU/CSU ist, die das Land durch die Krise führt, sondern Angela Merkel."
Spätestens mit der Bekanntgabe des Kanzlerkandidaten dürfte aber auch den letzten klar sein, dass Merkel nicht mehr antreten wird. Es wird spannend zu beobachten sein, welchen Effekt das haben wird und wie die anderen Parteien damit umgehen. Eine weitere, sehr spannende Frage ist, ob der neue CDU-Parteivorsitzende Armin Laschet es schafft, in sich der verbleibenden Zeit bis zur Bundestagswahl neben der medial momentan besonders präsenten Bundeskanzlerin so zu profilieren, dass er einerseits gut mit ihr zusammenarbeiten kann und es andererseits dennoch schafft, sich so deutlich von ihr abzusetzen, dass er auch auf die Unterstützung der Anhänger von Friedrich Merz im Allgemeinen und auf die der Ost-Verbände im Besonderen zählen kann, nicht zuletzt mit Blick auf eine mögliche Kanzlerkandidatur.
"Der Erfolg der Grünen wird unter anderem davon abhängen, wie sehr sie es schaffen, den Klimawandel wieder auf die politische Agenda zu setzen. Sicherlich wird auch die Frage, ob man einen Kanzlerkandidaten aufstellt und – wenn ja – wen, eine gewichtige Rolle spielen."
- Die AfD ist in den Umfragen spätestens seit Anfang 2020 auf dem absteigenden Ast und schwankt momentan zwischen 7-10%, also weit entfernt von den Werten vor oder kurz nach der letzten Wahl. Die Gründe dafür sind so vielfältig, dass hier unmöglich alle genannt werden können. Zwei Gründe für diesen Absturz sind aber sicherlich das Abhandenkommen des Kernthemas Migration und das planlos wirkende, teils gegensätzliche Agieren der AfD während der Corona-Krise.
- Die FDP scheint zusehends an Profil zu verlieren. Parteichef Christian Linder gehört regelmäßig zu den unbeliebtesten Spitzenpolitikern Deutschlands und kratzt mittlerweile wieder an der 5%-Sperrklausel. Für das Abschneiden der FDP werden vermutlich, wie schon bei ihrem Ausscheiden 2013, Leihstimmen und Umfragen eine große Rolle spielen. Die Rolle von Umfragen bei Wahlen wird Thema eines zukünftigen Artikels sein.
- Die Linke ist die sowohl bei Wahlergebnissen als auch bei Umfragen auf Bundesebene konstanteste Partei. Sie bewegt sich seit Jahren zwischen 7-11%, was bei den heute üblichen Schwankungen schon fast eine echte Leistung ist. Dementsprechend gibt es bisher auch für 2021 keinen Grund zu der Annahme, dass die Linke dieses Spektrum verlässt.
Der interessanteste Aspekt an der Wahl ist jedoch, dass zum ersten Mal keine Kandidatin mit Amtsbonus ins Rennen geht. Eine völlig neue Situation, auf die sich WählerInnen und KandidatInnen erst werden einstellen müssen.
Umfrage zur Zufriedenheit der Bundesregierung 2021. |
26. September: Landtagswahl in Thüringen
Die letzte Landtagswahl in Thüringen fand am 27.10.19 statt, ist also noch gar nicht so lange her. Das Ergebnis war für die meisten unbefriedigend, die vorangegangene Regierung aus Linken, SPD und Grünen hatte keine Mehrheit mehr, aber eine andere Konstellation ohne die AfD, die alle Parteien ablehnen, war nicht möglich. Man hoffte auf eine Fortsetzung der rot-rot-grünen Koalition als Minderheitsregierung, doch zunächst scheiterte die Wahl von Ministerpräsident Bodo Ramelow. Dessen Wahl scheiterte und stattdessen wurde Thomas Kemmerich (FDP) mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD ins Amt gewählt. Ein Ereignis, von dem sich einige immer noch nicht erholt zu haben scheinen. Kemmerich trat zurück. Im März wurde Ramelow schließlich doch gewählt und führt die Minderheitsregierung aus Linken, SPD und Grünen seither an, die 42 der 90 Sitze des Thüringer Landtags hinter sich hat. Da eine solche Regierung in Deutschland nur bedingt arbeitsfähig ist, wurden Neuwahlen vereinbart, die zunächst für den 25. April vorgesehen waren, aber aufgrund von Corona auf den 26. September verschoben wurden.Die aktuellen Umfragen geben hier nicht unbedingt Anlass zu Optimismus. Die politischen Ränder, Linke und AfD, sind nach wie vor stark. Im Sommer 2019 gab es Zeitweise eine Mehrheit für eine erneute rot-rot-grüne Regierung, aber auch hier gibt es starke Schwankungen.
Kompliziert wird es vor allem für die Union. Denn auch wenn man die Situation im Frühjahr 2020 noch lösen konnte ist das eigentliche Problem, nämlich die Frage nach dem Verhältnis der („Ost“-)CDU zur AfD noch nicht geklärt. In Thüringen ist alles offen. Jedoch schlummert in dieser Wahl ein erhebliches Konfliktpotenzial, auch auf Bundesebene.
26. September: Abgeordnetenhauswahl Berlin
26. September: Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern
Umfragen Wahlen des Abgeordnetenhaus Berlin und Landtagswahlen Mecklenburg-Vorpommern, Ergebnisse 2016 vs. Sonntagsfrage |
Sowohl für die Abgeordnetenhauswahl in Berlin als auch für die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern gilt, dass sie wahrscheinlich durch die Bundestagswahl etwas untergehen und daher nur geringe bundespolitische Bedeutung haben werden.
Uns erwartet also ein Wahljahr mit sieben Wahlen aus ganz unterschiedlichen Ausgangspositionen, bei denen verschiedenste Faktoren den Ausschlag geben können. Natürlich steht über allem die Bundestagswahl, deren Ausgang uns alle betrifft. Aber auch die Wahlen in den Ländern sind nicht zu unterschätzen, nicht zuletzt wegen des Bundesrates, dessen Mehrheitsverhältnisse enormen Einfluss auf die Bundespolitik haben können.
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Timon Scheuer wurde im saarländischen Merzig geboren und studiert momentan Philosophie und Politikwissenschaft an der Universität Trier. Er beschäftigt sich besonders gerne mit Ethik und Wahlforschung, aber auch anderen Themen ist er nicht abgeneigt. Meistens ist er auf vier Rädern unterwegs und damit beschäftigt, seine Fachbuchsammlung durch mehr oder weniger sinnvolle Investitionen zu erweitern und sich dann darüber zu wundern, dass seine Leseliste länger statt kürzer wird. Er ist Fan von langen, tiefgehenden Diskussionen, guten Podcasts und Schalke 04. Auf Sans Mots schreibt er über alles, was ihm über den Weg läuft, aber vor allem über Wahlen.
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