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Warum ich schon jetzt frustriert bin - Zur Grundlage meiner Vegetarismus und Tierethik Debatte
Freitag, November 02, 2018Was bisher geschah...
Es ist erst wenige Tage her, dass ich angekündigt habe, mich mit damit auseinanderzusetzen, ob ich langfristig weiterhin Fleisch esse oder darauf verzichte und diesen Prozess (nicht nur das Ergebnis) auch öffentlich zu teilen. Ich habe viele Kommentare, Nachrichten, Mails bekommen und auch WhatsApp Nachrichten und Rückmeldungen in persona aus meinem privaten Umfeld. Und ich glaube gar nicht, wie absurd das ist, aber schon jetzt bin ich an einem Punkt der Frustration. Krass. Und schade. Vor allen Dingen schade. Aber zurück zum Ursprung. Dafür muss ich ausholen.
[Falls euch wirklich NUR die bald folgende Vegetarismusdiskussion interessiert,
dann überspringt den folgenden Teil und lest unter dem nächsten Bild weiter!]
Im September schrieb ich eine Hausarbeit für die Uni im Bereich Angewandter Ethik. Wie einige vielleicht wissen, beschäftige ich mich schon eine ganze Weile mit ethischen Grenzen von Märkten. Angefangen hat das mit Michael Sandels Buch "What Money Can't Buy" wurde dann aber recht schnell zu einer sehr viel übergreifenderen Wirtschaftsethik. Nicht umsonst habe ich euch auch in DIESEM BEITRAG das Buch der Philosophin Debra Satz ans Herz gelegt. Wie auch manche wissen, setze ich mich viel mit dem Themenspektrum um Tod, Leben und Sterben auseinander. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass ich mich seit einigen Jahren in meinem persönlichen Leben damit konfrontiert sah und sehe und gerne mehr verstehen möchte, aber auch, weil ich diese Bereiche so existenziell und unheimlich interessant und faszinierend finde.
2015 verabschiedete der Deutsche Bundestag nach langer Diskussion das neue Gesetz zur Aktiven Sterbehilfe. Ich war drei Jahre jünger als jetzt und unglaublich empört. Ich war schockiert über so viel Dummheit und Ignoranz und konnte nicht verstehen, wie man das Recht auf Selbstbestimmung beschneiden konnte. Ich veröffentlichte einen polemischen Blogeintrag, stritt mich mit Bekannten und war insgeheim der Meinung: Ich hab Recht. Diejenigen, die das anders sehen, verstehen es nicht. Die wissen weniger. Die haben die wichtigen Punkte nicht bedacht. Mir ist das ziemlich peinlich, wenn ich jetzt darüber nachdenke. Denn ich bin noch immer für das Recht auf selbstbestimmtes Sterben, aber inzwischen musste ich feststellen:
Jetzt misstraue ich inzwischen jedem, der glaubt, eine ethische Frage (erst Recht eine, in der es um Leben und Tod geht) sei irgendwie "ganz klar" oder "total einfach". In den seltensten Fällen ist das der Fall und in den meisten verkommt auf genau diese Weise eine solche Diskussion in Populismus, Arroganz, verhärteten Fronten und in vorwurfsvollem Verhalten, was alles nichts mehr mit argumentativer und produktiver Auseinandersetzung zu tun hat. Ein polemisches, simplifiziertes und überhebliches Verhalten, das wir Trump und der AfD vorwerfen, aber uns eingestehen müssen, dass wir es auch manchmal betreiben. Nicht absichtlich. Aber vorkommen tut es. Auch bei mir.
Im September lernte nicht nur, dass aktive und passive und indirekte Sterbehilfe etwas komplett komplett unterschiedliches sind, sondern diese Vokabeln aus guten handlungstheoretischen Gründen auch gar nicht mehr genutzt werden. Dass es einen massiven Unterschied macht, ob ein Sterbewilliger sich selbst umbringt, ob er einen nahe stehenden Angehörigen dazu bittet, ob ihm durch einen Arzt geholfen wird oder ob er in eine Sterbehilfeorganisation anreist und die Tötung dort beantragt (wie es z.B. in der Schweiz durch DIGNITAS und EXIT erlaubt ist). Und vor allem lernte ich die Argumente der Seite kennen, die ein kritisches Auge auf die Praxis der geschäftsmäßigen Organisationen legt. Ich lernte, wie viel Geld es kostet, sich die Beihilfe zum Suizid zu "erkaufen", ich lernte, wer das tun darf und wer nicht und unter welchen Kriterien das entschieden wird. Ich lernte etwas über die Sterbekultur in westlichen Gesellschaften bzw. den Mangel dessen, las Begründungen alter Menschen, die aus Einsamkeit oder Angst sterben wollen. Ich lernte etwas über die kapitalistische Form dehumanisierender Objektifizierung, über die Korrumpierung von Gütern, indem man sie (übrigens auch nur dem Teil, der sie sich leisten kann) käuflich erwerbbar machte und von der Vielzahl an problematischen Mechanismen innerhalb der Bürokratie einige Organisationen.
Und plötzlich begriff ich: Ups. Das ist nicht so einfach. Das einzige Gegenargument ist gar nicht eines, das ich eine religiöse und paternalistische Richtung gehen muss (obwohl es diese natürlich auch gibt, die meiner Meinung nach in einem säkularen Staat nicht ausschlaggebend sein dürften), sondern gleich eine Vielzahl an Sorgen und Kritik, die ernst zu nehmen ist. An meiner grundlegenden Haltung hat die wochenlange Recherche nichts geändert: Jeder Mensch sollte das Recht haben, selbstbestimmt zu leben und auch sterben. Niemand kann denjenigen verurteilen, der so sehr leidet, dass er nicht mehr leben möchte und kann.
Die drei folgenden Dinge hat mir die Recherche jedoch gezeigt:
- Erstens, heißt das im Umkehrschluss nicht, dass jemand das Recht hat, zu verlangen, ihn beim Suizid zu unterstützen. Das mag in manchen Fällen eine löbliche Handlung sein, aber keine, zu der jemand verpflichtet ist. Dass es einen Unterschied für mich macht, ob jemand an den Leiden einer schweren zu Tode führenden Krankheit zugrunde geht und künstlich weiterhin zum Leben gezwungen wird oder ob er sich einsam und minderwertig fühlt und deswegen keinen Lebenswillen spürt. Dass es in den aktuell agierenden Sterbehilfeorganisationen Probleme gibt, die sie sogar selbst zugeben, nach bisherigem Stand also nicht sicher gehen können, ob es sich um selbstbestimmte Entscheidungen handelt, oder sie durch sozialen Druck geprägt sind und die Kriterien für ein "schweres Leiden" zu schwammig sind. Dass es für mich einen Unterschied macht, ob es sich um einen ärztlich assistierten Suizid handelt, oder aber um ein Komplettpaket einer gewerbsmäßigen Organisation, das man käuflich erwerben kann. Dass die Beihilfe und der Vollzug eines Suizids eine unwiderrufliche in einer eigenen Weise absolute Entscheidung ist. Dass ich bisher nie bedacht hatte, was für gesamtgesellschaftliche Folgen dieser Dammbruch haben könnte.
- Zweitens eine eine Erkenntnis, die abseits dieser inhaltlichen Bedenken rund ums Thema assistiertem Suizids kreisen: Ich hatte Unrecht. Nicht insofern, dass ich jetzt der Meinung bin, Selbstbestimmung sei unwichtig. Aber insofern, dass ich vorher dachte, das sei ein Totschlagargument gegen ALLES. Dabei kannte ich nicht einmal dieses "alles". Ich war naiv genug zu glauben, ich hätte mich mit den Gegenargumenten beschäftigt. Als hätte ich mich tatsächlich mit all den Vertretern dieser Handlung an einen Tisch gesetzt und ihnen ruhig zugehört und nicht sofort mein "ABER" in den Raum geworfen. Ich habe verstanden, dass ich nicht verstanden hatte. Und ich habe verstanden, dass es mir hilft, wenn ich offen an eine Debatte herantrete. Dass es weder dem anderen (von dem ich potenziell denke, dass er etwas nicht versteht oder falsch versteht) noch der Sache selbst (der Diskussion und meinen Anliegen) hilft, wenn ich gegen Kritik anschreie und mich überlegen fühle.
- Drittens: Ich kann mich selbst umstimmen. Genau genommen können mich Argumente und sachliche Auseinandersetzung umstimmen. Allerdings nur, wenn ich nicht von vornherein weiß, was mein Ergebnis sein "soll", sondern ich ganz offen an eine Fragestellung herangehe und mir in letzter Instanz vor allem eins erhoffe: Eine Antwort, die ich nachvollziehen kann und nicht von Anfang an und bis zum Schluss Recht zu haben. Ich hatte, ohne dass ich das bewusst intendiert habe, mit vielen Büchern und Studien auseinandergesetzt und mich selbst widerlegt. Das war ein Schlüsselmoment. Zwar schrieb ich diese Hausarbeit für die Uni und gar nicht für mich, aber hatte mir diese wissenschaftliche Arbeit so viel über mich verraten und eine ganz persönliche Haltung verändert. Auch das war einer der zentralen Beweggründe, warum ich plötzlich dachte, dass ich Fragen, die mich ganz persönlich in meinem Privatleben beschäftigen, auch klären und erkunden kann, die sich auf einer wissenschaftlichen Ebene bewegen.
Es hat keine zwei Stunden gedauert und ich bekam Nachrichten von Menschen, die mir erklärten, warum ich falsch liege, obwohl ich z.B. noch gar keine inhaltliche Aussage bezüglich dem Fleischessen getroffen hatte. Die mir erklärten, warum jedes Verhalten, das nicht dem entspricht, das sie selbst aus moralischen Gründen an den Tag legen, ein "nun mal ganz klar" falsches sei. Mal abgesehen von Kommentaren die quasi nur "bist halt ein Mörder" beinhalteten. Das ist unglaublich schade. Erst recht, weil ich noch nichts Inhaltliches geschrieben oder gesagt hatte. Für einige Menschen scheint es Tabuthema zu sein, überhaupt eine neutrale Position einzunehmen, in der man beide Seiten und Argumente eines Problem beleuchtet.
Vor einigen Tagen erzählte ich meiner besten Freundin davon, die überrascht davon war, dass mir das überraschte. Denn ja, undifferenzierte Urteile sind gerade in politischen und moralischen Debatten überhaupt nicht selten. Und vielleicht war ich aufgrund meines Diskussionsumfeldes größtenteils daran gewöhnt auf eine andere Weise respektvoll und differenziert, fast schon demütig miteinander umzugehen. Radikales schwarz-weiß Denken gerade im jungen Aktivismus ist fast schon normal. Und auch das ist schade. Was ich im Kopf hatte waren viel eher dumme Kommentare und Witze auf Kosten von Vegetariern, die ich ja auch schon oft mit bekommen habe. Dass sich durch mein Vorhaben meinen Fleischkonsum eventuell zu verändern oder zu beenden aber gerade einige derjenigen angegriffen fühlen, die bereits vegetarisch leben, das hatte ich nicht erwartet. Vor allem auch nicht solch undifferenzierte Nachrichten.
Wenn ich in meinem Privatleben mit jemanden über persönliche Erfahrungen spreche, dann erhebe ich diesen Anspruch natürlich nicht. Ich glaube aber, dass es schon jetzt notwendig zu sein scheint, diese Grundvoraussetzung für meine "Vegetarismus Debatte" zu sein scheint.
Hier nur eine kleine statistische Klarstellung:
- Selbstverständlich waren nicht alle Nachrichten, die ich von Vegetariern bekam so. Nicht einmal die Hälfte. Ich schätze rund 80% von ihnen waren unglaublich freundlich, unterstützend und respektvoll und haben mir vielerlei Empfehlungen, Tipps und Vorfreude bekundet.
- Auf der Gegenseite der überzeugten Fleischesser bekam ich nur einen einzigen hämischen Kommentar, der sich darüber lustig machte. Auch nicht cool, aber tatsächlich überraschend klein im Vergleich.
- All diejenigen, die in irgendeiner Weise eine Kritik an der Diskussionskultur der vegetarischen Szene hatten oder mich darum baten, auch das auf einer Meta-Ebene zu behandeln oder mir erzählten, dass sie das mutig von mir finden, weil sie sich selbst nicht trauen würden, das so zu tun, kamen privat - KEINER von ihnen schrieb das öffentlich, sondern per Insta-Messenger oder E-Mail. Und ich bezweifle, dass das ein Zufall ist. Darf man eine Kritik an der Vegetarier-Szene nicht äußern, ohne dumme Reaktionen erwarten zu müssen? Erschreckend und: Schade. Schade, schade, schade.
Vor einigen Tagen erzählte ich meiner besten Freundin davon, die überrascht davon war, dass mir das überraschte. Denn ja, undifferenzierte Urteile sind gerade in politischen und moralischen Debatten überhaupt nicht selten. Und vielleicht war ich aufgrund meines Diskussionsumfeldes größtenteils daran gewöhnt auf eine andere Weise respektvoll und differenziert, fast schon demütig miteinander umzugehen. Radikales schwarz-weiß Denken gerade im jungen Aktivismus ist fast schon normal. Und auch das ist schade. Was ich im Kopf hatte waren viel eher dumme Kommentare und Witze auf Kosten von Vegetariern, die ich ja auch schon oft mit bekommen habe. Dass sich durch mein Vorhaben meinen Fleischkonsum eventuell zu verändern oder zu beenden aber gerade einige derjenigen angegriffen fühlen, die bereits vegetarisch leben, das hatte ich nicht erwartet. Vor allem auch nicht solch undifferenzierte Nachrichten.
Wenn mir jedoch jemand auf überhebliche Weise erklären möchte, warum etwas aufgrund "wissenschaftlicher Argumente" eindeutig "moralisch falsch" sei, erwarte ich – und das sollte ja wohl nicht so sehr überraschen – dass diese Person zum einen weiß, was Moral bedeutet und zum anderen auch weiß, wie man wissenschaftlich argumentiert.
Wenn ich in meinem Privatleben mit jemanden über persönliche Erfahrungen spreche, dann erhebe ich diesen Anspruch natürlich nicht. Ich glaube aber, dass es schon jetzt notwendig zu sein scheint, diese Grundvoraussetzung für meine "Vegetarismus Debatte" zu sein scheint.
Hier nur eine kleine statistische Klarstellung:
- Selbstverständlich waren nicht alle Nachrichten, die ich von Vegetariern bekam so. Nicht einmal die Hälfte. Ich schätze rund 80% von ihnen waren unglaublich freundlich, unterstützend und respektvoll und haben mir vielerlei Empfehlungen, Tipps und Vorfreude bekundet.
- Auf der Gegenseite der überzeugten Fleischesser bekam ich nur einen einzigen hämischen Kommentar, der sich darüber lustig machte. Auch nicht cool, aber tatsächlich überraschend klein im Vergleich.
- All diejenigen, die in irgendeiner Weise eine Kritik an der Diskussionskultur der vegetarischen Szene hatten oder mich darum baten, auch das auf einer Meta-Ebene zu behandeln oder mir erzählten, dass sie das mutig von mir finden, weil sie sich selbst nicht trauen würden, das so zu tun, kamen privat - KEINER von ihnen schrieb das öffentlich, sondern per Insta-Messenger oder E-Mail. Und ich bezweifle, dass das ein Zufall ist. Darf man eine Kritik an der Vegetarier-Szene nicht äußern, ohne dumme Reaktionen erwarten zu müssen? Erschreckend und: Schade. Schade, schade, schade.
Unterscheidung: Meinung, Hypothese, Fakt
Ich kann es nicht so ganz glauben, dass das hier ein Extra Punkt ist, aber: Es ist etwas grundsätzlich (wirklich grundsätzlich grundsätzlich grundsätzlich) Anderes, ob wir von persönlichen Meinungen, Hypothesen oder Fakten sprechen. Hierzu verlinke ich euch aber das sehr aktuelle Video von Mai, die das sehr zugänglich erklärt.
Ich werde versuchen, mich auf grundsätzlich seriöse Quellen zu beziehen. Ich kann schon jetzt sagen: Ich kann nicht versprechen, dass das klappt. Ich bin in vielen Gebieten selbst kein Experte, der auf wissenschaftlicher Basis alles bewerten kann, was er vor sich sieht, weil es mir da schlichtweg an Wissen mangelt. Gerade wenn ich z.B. zu dem Themenspektrum der Gesundheit komme erwarte ich sehr viel Verwirrung, da im Bereich der Ernährung bekanntermaßen eine Vielzahl an wissenschaftlicher Studien bestehen, die etwas behaupten und eine mindestens ebenso große Anzahl an Studien, die genau das Gegenteil behauptet. Tricky. Mal sehen.
Wenn mir jemand sagt, "in der Landwirtschaft werden alle Tiere gequält" werde ich das nicht einfach annehmen, selbst wenn ich denjenigen super sympathisch findet, weil das einfach erst einmal nur eine Aussage einer Privatperson ist. Ich möchte Quellen. Wenn es geht, dann gleich auch mehrere. Und ich will Quellen, die dem widersprechen. Ich will darauf achten, dass diejenigen, die mir Studien und potenzielle Fakten liefern, ein bestimmtes Interesse vertreten, dass seine "Wahrheit" publik und anerkannt wird. Sei das eine konkrete Lobbyarbeit (oft als Vorwurf gegenüber der Fleischindustrie & landwirtschaftlicher Betriebe) oder eine Privatperson (in seinem Lebensstil) ist, die jeweils ihre Haltungen in ihrer Richtigkeit rechtfertigen.
Hierfür gilt aber natürlich auch: Vertraut mir nicht. Prüft die Quellen oder findet eigene. Ich erhebe nicht den Anspruch, dass das alles korrekt ist, auch wenn ich mir das natürlich wünsche. Und auch ihr solltet mir nicht nur glauben, weil ihr mich sympathisch findet.
Der Aufbau eines Arguments, Schlüssigkeit und Gültigkeit
Und hier kommen wir zu dem Werkzeug einer jeden Auseinandersetzung: Argumenten. Logik untersucht die Gültigkeit von Argumenten. Ihre traditionelle Hauptaufgabe ist es, Methoden bereitzustellen, die helfen, gültige von ungültigen Argumenten zu unterscheiden. Argumente dienen dazu, Behauptungen zu begründen und bestehen aus einer oder mehreren Prämissen und einer Konklusion. Prämissen sind Aussagen, die zur Grundlage des Arguments dienen und zur Stützung der Konklusion angeführt werden.
Damit die Prämissen die Konklusion wirklich gut begründen, müssen Prämissen und Konklusion im richtigen Verhältnis zueinander stehen. Dieses richtige Verhältnis bezeichnet man als Gültigkeit des
Arguments. Ein Argument heißt genau dann gültig, wenn Folgendes gilt: Wenn man die Prämissen für wahr hält, dann ist es deshalb vernünftig, auch die Konklusion für wahr zu halten. Die Prämissen stützen hierbei die Konklusion. Diese Definition der Gültigkeit liefert für sich genommen noch keinen sehr praktischen Ansatz zur Beurteilung der Gültigkeit von Argumenten. Denn dazu müsste man zuerst wissen, wann es „vernünftig“ ist, auf der Grundlage bestimmter Prämissen eine bestimmte Konklusion zu akzeptieren. Die Gültigkeit von Argumenten kann oft ganz unabhängig vom Wahrheitsgehalt von Prämissen und Konklusion beurteilt werden, aber damit damit aus einem formal gültigen Argument auch ein gutes Argument wird, müssen die Prämissen auch wahr sein. Ein Argument heißt genau dann schlüssig, wenn es gültig ist und alle seine Prämissen wahr
sind.
Die Wahrheit der Prämissen allein sagt nichts über Gültigkeit und Schlüssigkeit aus. Es kann sogar Argumente geben, bei denen sowohl die Prämissen als auch die Konklusion wahr sind, während das Argument dennoch nicht gültig (und demzufolge auch nicht schlüssig) ist.
P1: Einige Menschen sind Brillenträger.
P2: Woody Allen ist ein Mensch.
K: Woody Allen ist ein Brillenträger.
Was diesem Argument fehlt ist die Stützung der Konklusion durch die Prämissen. Die Prämissen könnten wahr sein und die Konklusion trotzdem falsch.
Die Logik interessiert sich in erster Linie für die Gültigkeit von Argumenten. Das liegt daran, dass für die Beurteilung der Wahrheit der Prämissen und somit der Schlüssigkeit normalerweise sachspezifisches Wissen erforderlich ist. Die Gültigkeit von Argumenten lässt sich dagegen
interessanterweise in vielen Fällen ohne Rücksicht auf die sachlichen Inhalte beurteilen.
Der Machtwechsel durch verschiedene Annahmen
Wie bereits beschrieben beruht ein Argument auf verschiedenen Prämissen, d.h. Annahmen die einer Diskussion grundlegend voraus gehen, Wahrheiten darstellen, die zur Veranschaulichung einer Folgerung vorausgesetzt werden. Das Problem in vielerlei (gerade politischen) Diskussionen besteht darin, dass wir für gewöhnlich unsere Annahmen nicht explizit benennen oder aussprechen. Das liegt daran dass wir sie als selbstverständlich (lol) annehmen. Dabei ist es tatsächlich überhaupt nicht so, dass wir in Gesprächen – selbst wenn dieses Gespräch schon Stunden andauert – auf den gleichen Annahmen aufbauen. So entstehen jedoch Missverständnisse und Folgefehler, denn was genau meine Prämissen sind ist ESSENZIELL für jede Argumentation. Im Beispiel des Vegetarismus bzw. Der Frage des Tierrechts z.B., ob man auf Grundlage eines Anthro- oder Pathozentrismus argumentiert.
Beispiele, um zu zeigen, dass unterschiedliche Prämissen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen:
(Ein Argument, an dem sich z.B. diejenigen streiten, ob eine offene Beziehung und Polyamorie problematisch ist oder nicht.) |
Widerspricht einer der beiden Diskussionsteilnehmer schon einer der Prämissen, ist es logisch, dass sie nicht zu der selben Konklusion kommen, denn sie reden und diskutieren aneinander vorbei auf Basis verschiedener Grundannahmen.
Ein paar easy Fehlttritte
Der gute Mensch, moralische Haltung vs. moralische Gebotenheit
Es besteht ein wesentlicher Unterschied darin, ob
- ...ich persönlich etwas für moralisch richtig erachte, es in meinem Leben genau so zu sehen, zu vertreten und zu leben und diese Handlung und Entscheidung moralisch rechtfertigen kann.
- ...ich der Meinung bin, dass es es nicht nur moralisch zu rechtfertigen ist, sondern dass es grundsätzlich für jedermann uneingeschränkt moralisch geboten ist, genau dies zu tun.
- ...ich erkenne, dass diese Gebotenheit dennoch lediglich meine Meinung ist oder sie als moralistische Wahrheit unangreifbar mache.
- Oder wir von etwas wie einer supererogatorischen Handlung sprechen, die eine moralisch vorbildliche Handlung ist, die jedoch auf ethischer Grundlage nicht von Einzelnen (geschweigedenn jedem) gefordert werden kann.
Auf Diskussionen, wann jemand ein "guter Mensch" und ein "schlechter Mensch" ist, werde ich mich grundsätzlich nicht einlassen. Das ist nicht nur ein komplett anderes Themenspektrum, das ganz andere Definitionen bedarf, sondern auch eines viel größerer Komplexität. Außerdem halte ich es auf eine menschliche Weise für absolut deplatziert über Fremde zu urteilen, ob sie "gute Menschen" oder "schlechte Menschen" sind. An so einer Gewohnheit will ich mich nicht beteiligen und würde mir auch wünschen, dass sich jemand, der mich nur über das Internet kennt, solch ein Urteil auch nicht über mich erlaubt.
Was ich mir wünsche und wie ich diskutieren werde
Wenn ich eines hasse, dann ist es Überheblichkeit. So sehr, dass ich es euch gar nicht nonverbal ausdrücken kann, wie sehr mich sowas stört, enttäuscht und ekelt. Wenn Menschen, die miteinander umgehen, sich arrogant, zynisch oder verächtlich verhalten. Ich hasse das, wenn ich sehe, wie einige meiner Freundinnen von ihren Freunden behandelt wurden. Wenn ich Menschen kennen lerne, die anderen zu verstehen geben, dass sie sie verurteilen und sie in irgendeiner Weise besser sind oder über ihnen stehen. Und ich hasse das ebenso in politischen Diskussionen, in denen sich Personen gar nicht mehr zuhören und mit hochgezogenen Augenbrauen nur noch in persönliche Angriffe oder leere medienwirksame bis ideologische Worthülsen und abdriften.Jeder, der mich auch persönlich kennt (oder zumindest privat bei mir mit Facebook befreundet ist), kennt die elendigen Diskussionen in Facebookkommentaren, die ich mit Menschen führe, die farbige Socken, ein Jurastudium und eine Burschenschaft für Konservatismus halten und mir erklären, wieso Feminismus irrelevant, unsinniger Gender-Gaga und nischige Agenda sei. Einige wissen vielleicht auch, dass ich sogar dann versuche auf die Menschen einzugehen und Begründungen einfordere, weil ich wirklich verstehen will, wieso sie so denken und ab welchem Punkt wir auseinander gehen. Geht diese Person jedoch auch nach der fünften Bitte nicht darauf ein (oftmals wird dann plötzlich zufällig der ganze Kommentarverlauf gelöscht) oder erklärt mir, dass das ja gar nicht nötig sei, wenn es doch so "offensichtlich" ist, dass sie im Recht sind, dann merke ich: Dieser Person geht es gar nicht um die Sache, sondern um die Erhaltung des eigenen Egos. Und ich möchte niemanden sein Ego nehmen. Ich möchte solche unsinnigen Diskussionen aber auch nicht führen. Nicht mehr. Als eine Art Disclaimer dient also dieser Beitrag.
- Hauptsächlich: Ganz persönlich in meinem Leben als Privatperson zu einem Schluss kommen, ob ich weiterhin Fleisch esse und wenn ja, unter welchen Bedingungen, und wenn nein, aus welchen Gründen nicht.
- Die Perspektiven möglichst vieler Menschen kennen lernen.
- Verschiedenen Themenbereichen nachgehen, die Argumente für oder gegen Fleischkonsum sein können. Darunter u.a.: Umwelt, Tierquälerei, Lebensrecht, Speziezismus, Gesundheit, persönliche Disziplin, Gewohnheit, soziale und ökonomische Fragen etc.
- Eine Meta Betrachtung die Diskussion in- und außerhalb der vegetarischen Szene. Wie gehen wir miteinander um? Wieso fällt es uns so schwer, uns selbst zu widersprechen? Stimmen die Klischees des belehrenden Vegetariers, der sich überlegen fühlt und der Fleischesser, die sich ignorant und inkonsistent verhalten?
Was nicht mein Ziel ist:
- Nie wieder Fleisch zu essen.
- Auf jeden Fall weiterhin Fleisch zu essen.
- Ein Ergebnis zu finden, das universal beweist, was richtig ist.
- Euch vorzuschreiben, es mir gleich zu tun.
- Euch zu verurteilen, auf welcher Seite ihr auch immer steht.
Für wen mein Vorhaben nicht ist:
Wenn es einige unter euch gibt, die diese – bis hierhin aufgestellten – Grundlagen und Bedingungen nicht akzeptieren oder sie ihnen komplett egal sind, sie aber dennoch mitdiskutieren wollen, den möchte ich bitten: Lasst es. Wenn ihr das hier, was ich tun werde, nur verfolgt, weil ihr euch selbst in eurer jetzigen Haltung in einem confirmation bias bestätigt sehen wollt, dann macht das wenig Sinn, erspart euch die Zeit und Mühe.
Für wen mein Vorhaben nützlich sein könnte:
Wenn ihr das verfolgt, weil ihr neugierig seid. Wenn ihr wissen wollt, welchen Fragen ich nachgehe und ebenso Einblicke in verschiedene mögliche Perspektiven bekommen wollt. Für unsichere oder interessierte Menschen oder für welche, die an dem gleichen Punkt sind wie ich. Für Menschen, die nicht der Meinung sind, schon alles wissenswerte zu wissen, aber gerne mehr erfahren würden. Für Menschen, die sich nicht gegenseitig verurteilen oder belehren, sondern einen offenen Dialog führen wollen. Welche, die vielleicht zwar schon eine begründete (für euch auch ganz logische) Antwort auf diese Frage gefunden haben, aber denken, dass man von anderen Sichtweisen lernen kann, gerade wenn sie anders sind als die eigene.
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Ich freu mich jetzt schon auf weitere Beiträge. Wenn die alle so gut werden wie dieser hier, werd ich sie verschlingen wie sonst ein Tofuschnitzel ;)
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